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Beobachten Schlussfolgern

Veröffentlicht am 29. August 2012, 18:41
Zuletzt aktualisiert Thursday, 30. August 2012, 17:40

Einleitung 

In meiner Selbstreflexion möchte ich die Haupterkenntnisse meines ersten Studienjahres darstellen und anhand von einigen Beispielen erläutern. Eine der wichtigsten Erfahrungen, die ich in der Interaktion mit SchülerInnen gewann, war: “Weniger ist mehr!” Vielfach ist es besser, einen Schritt zurückzugehen und das Tempo herauszunehmen, als Lerninhalte mit Hochdruck durchzupeitschen.

Weitere Schlüsselwörter sind  Differenzierung, gezielte Arbeit an der Interaktion mit den SchülerInnen, und die Förderung der Selbsttätigkeit. Das große Ziel, an dem ich weiter arbeiten werden, ist, die Schülerinnen zum eigenständigen Denken anzuregen und sie zur Auseinandersetzung mit den Aufgabenstellungen zu führen. 

 

1.1 Geduld, sich selbst zurücknehmen

 

Ich habe erfahren, dass es für uns StudentInnen wichtig ist, uns selbst zurücknehmen und die Geduld aufbringen, die Antworten aus den SchülerInnen “herauszukitzeln”.

Nach dem Motto: “Sage nichts, was die SchülerInnen nicht auch sagen können!” , zu handeln ist zwar sehr schwierig, besonders wenn man mit Blick auf die meist zu umfangreichen Inhalte der Vorbereitungen agiert. In meinen ersten Unterrichtsstunden war ich manchmal zu vorschnell, die Lösungen zu präsentieren. Daraufhin lehnten sich die SchülerInnen zurück, in der Gewissheit, die fertigen Antworten auf dem Präsentierteller zu bekommen. Meine Schlussfolgerung aus diesen erlebten Situationen lautet daher: Die SchülerInnen immer zur Reflexion und zum Nachdenken aufzufordern. Geduld bringt auf lange Sicht gesehen  sicher Rosen.

 

Eine weitere wesentliche Erkenntnis für mich war es, zielgerichteter und bewusster an der Interaktion mit den SchülerInnen zu arbeiten. Es gilt dabei zu verhindern, dass sie in ihrem Handlungsspielraum eingeengt werden. Das bedarf natürlich einer genauen Zielsetzung bei der Aufgabenstellung. Die Frage: ”Welche Kompetenzen sollen in meiner Unterrichtseinheit gefördert werden”, rückt damit in den Vordergrund.  Wenn es gelingt, die Fähigkeiten und Kompetenzen der SchülerInnen zu fördern, gelangen diese zu mehr Selbstständigkeit, und der Lehrende kann sich zurücknehmen. Bei einer durchdachten Aufgabenstellung und eines guten “Scaffoldings”, wie es im kompetenzorientierten Unterricht genannt wird, erhalten die SchülerInnen nur noch ein Gerüst, das ihnen hilft,  sich eigenständig Inhalte anzueignen. Ich werde mich in weiterer Folge noch stärker mit Erfahrungen und Möglichkeiten dieser Didaktik auseinandersetzen.

Reflexion über die Unterrichtsstunde im Fach Technisch Werken:”Wie gestalte ich eine Uhr?”

Da für die Erarbeitung und Durchführung der Unterrichtsinhalte nur eine wöchentliche Einzelstunde zur Verfügung stand, musste Einstieg relativ kurz gehalten werden. Den SchülerInnen sollte dadurch möglichst viel Zeit zum Gestalten und Ausführen ihrer Arbeiten gegeben werden. Leider wirkten die SchülerInnen ideenlos und unmotiviert. Da von ihnen sehr wenig Konkretes kam, sprangen wir zu schnell mit Vorschlägen in die Bresche. Aus Zeitgründen brachten wir die Geduld abzuwarten, ob doch noch Ideen aufkämen, nicht auf. In der Folgestunde präsentierte ich Ideen zur Gestaltung und Durchführung einer Uhr mittels einem Arbeitsblatt. Neben den wichtigsten Arbeitsschritten und Tipps rund um Materialien habe ich auch einige Arten für die Verzierung aufgelistet. Wie in so vielen Stunden vorher nahmen einige diese Vorschläge an und setzten ihr Herzblut daran eine schöne Uhr zu bauen. Andere kopierten einfach die von dem Nachbarn. Es ist in Werken nicht unüblich, dass man auf einem Tisch ähnliche Werkstücke findet. Das lag in dem Fall nicht an der Ideenlosigkeit der SchülerInnen, sondern an der knapp bemessenen Reinarbeitszeit von ca 20 min.

Schlussfolgerung: Es sollten auch die Rahmenbedingungen für eine Erarbeitung gegeben werden (Doppelstunden/Projekte).

 

In der nächsten Stunde gelang es uns durch bessere Impulse und nur noch kurzen Erklärungen den Unterrichtsprozess in Gang zu bringen. Hilfestellungen waren weit weniger und nur noch auf Nachfrage nötig. Wir konnten uns auf die Rolle der Coaches zurückziehen.

Beleg: Arbeitsblatt Werken Uhr

 

Unterrichtsstunde Englisch: London Sights

Ziele: Informationen über London eigenständig nach Interessensgebieten recherchieren und die Ergebnisse in einem  Minibook festhalten.

 

Die SchülerInnen durften ihre Bereiche innerhalb des Themas selbst wählen. Durch die interessensbezogene Auseinandersetzung mit ihrem Wahlgebiet wurde naturgemäß auch ihre Motivation gesteigert. Informationen, die sie ausgewählt hatten, weil sie ihnen als besonders  wichtig und interessant  erschienen, wurden in einem Minibook festgehalten. Das Kapitel, das für die SchülerInnen von größtem Interesse war,  wurde dadurch hervorgehoben, dass es an den Anfang gestellt wurde.

 

Als Impulse dienten Interessante und lustbetonte Aufgabenstellungen wie beispielsweise “Welches Auto fährt Mr. Bean?”

“Wenn du ein Tourguide wärst, welche Sehenswürdigkeiten Londons würdest du auswählen?” 

Die SchülerInnen blätterten in den angebotenen Unterrichtsmaterialien (Bildbände, Travelguides),  bildeten sich ExpertInnengruppen und tauschten sich auch gegenseitig über ihre Bereiche aus.

Beleg: London Minibook

 

1.2 Die Schülerinnen zur Eigenständigkeit führen, Anteil haben lassen und ihnen Möglichkeiten zum Mitmachen geben.

 

Ich habe erkannt, dass es wichtig ist, die SchülerInnen in höherem Ausmaß  aktiv in ihr eigenes Lernen einzubeziehen. Nur vor ihnen zu stehen und Unterricht zu halten (oder über sie hinweg zu unterrichten) ist nicht zielführend. Übungen in denen Gruppen Lösungen suchen, sind dafür am besten geeignet. Natürlich muss man den SchülerInnen auch Wege aufzeigen, wie sie dies am besten tun können.

Beleg: Filmdialoge schreiben

Beleg Anhang 3 Dialog

 

1.3 Differenzierte Aufgaben stellen

 

Interessensgemäße Stationen

Augenzeugenbericht: Ein Schüler schnipselte mit Begeisterung drauf los. Er freute sich über das gute Werkzeug, das ich ihm bereitstellte (eigenes Taschenmesser, natürlich nach Rückfrage mit der KlassenlehrerIn). Er übersah zwar das Wesentliche, nämlich dass die Form dreieckig sein sollte, aber das war sekundär. Es war ein überwiegendes selbstständiges arbeiten nach einer kurzen Anleitung zu dem Werkzeug und der Arbeitstechnik.

 

Schlussfolgerungen: Auch für die Weihnachtststunde wäre es besser gewesen, mehr Zeit zur Verfügung zu stellen und eventuell Stunden zu blocken. Leider zogen es die LehrerInnen der nächsten Stunden vor, mit den Regelunterricht weiterzuführen. 

Im Jahreskreis bieten sich viele Möglichkeiten, analog zur Weihnachtsstunde Stationen zu gestalten (Muttertag, Ostern, interkulturelle Schwerpunkte). 

 

Beleg: Bilder und Anleitung der Weihnachtsstunde

 

 

Thema 2

Interesse wecken und motivieren

An den Impulsen für den Stundeneinstieg oder  an der Aufbereitung der Aufgaben arbeiten, um das Interesse der Schülerinnen zu wecken. Dabei neue Medien miteinbeziehen und die Schülerinnen von passiven Konsumenten der Inhalte der Unterrichtsstunde oder der Medien zu aktiven Teilnehmern motivieren.

 

2 Erlebnisorientiert unterrichten und dadurch Lernbereitschaft schaffen

 

Da wir zum Thema Film und Steven Spielberg einige Stunden gehalten hatten war es an der Zeit,  von seinen neueren Filmen zu präsentieren. Wir schnitten eine Auswahl von Trailern zusammen. Um richtige Kinoatmosphäre zu erzeugen, brachten wir Popcorn mit in die Stunde. Da ein Kollege in einem Kino arbeitet, konnte er sogar einige originale Popcornsackerl mitbringen, welche für ein realitätsnahes Kinoerlebnis sorgten. Das Schwierige dabei war, im Schulbuffet das Popcorn in der Mikrowelle zu machen und auch zu bewachen, da die LehrerInnen und StudentInnen anscheinend noch nicht gefrühstückt hatten. Aus diesem Grund  musste das Popcorn als wichtigste Mahlzeit des Tages herhalten. Wir verdunkelten den Computerraum, bereiteten den Film vor und holten schließlich die SchülerInnen von der Klasse ab. Diese staunten nicht schlecht, als ihnen schon vom Gang aus der Popcornduft in die Nase stieg und auf der Leinwand schon der Film anlief. Schließlich ist ja das Lernen mit allen Sinnen wichtig, und wir berücksichtigten sogar die olfaktische Komponente :-) 

 

Augenzeugenbericht:

Als der Countdown zu den Trailern lief, war es ganz ruhig, mucks- mäuschenstill.  Sobald die erste Vorschau begann, hörten wir schon begeisterte Ausrufe: “Den kenn ich... der ist mit den Dinosauriern....und der ist mit dem Alien”. Die Neugierde war geweckt, und die Atmosphäre entspannt und angeregt, und damit die beste Voraussetzung für Lernbereitschaft gegeben.

 

Schlussfolgerung: Erlebnisorientiert zu unterrichten erachte ich als die ausbaufähigste und lohnendste Aufgabe für meine zukünftige Unterrichtstätigkeit.

Beleg:Spielberg Lessonplan

 

2.1Interesse wecken 

 

Starke Impulse für den Stundeneinstieg verwenden. Aufgaben oder Arbeiten gezielt  und schülerzentriert setzen, um dadurch das Interesse der SchülerInnen zu wecken  und  deren  Motivation zu fördern. Dabei sollen neue Medien miteinbezogen werden, und die SchülerInnen von passiven KonsumentInnen der Unterrichtsstunde oder der Medien zu aktiven TeilnehmerInnen werden. Eine Idee für die Zukunft, die ja von der Einzelstunde wegführt, wäre auch SchülerInnen in die Planung miteinzubeziehen, um einen stärkeren Identifikationsgrad zu erreichen. Die SchülerInnen schrieben ein gemeinsames alternatives Ende zu Romeo & Julia auf einer Plattform, welche das zusammenarbeiten an einem Dokument erlaubte. Die Studenten waren lediglich als Moderatoren tätig und unterstützten die Autoren. 

Beleg: Nicht vorhanden

Tool: http://www.edupad.ch 

2.2 Challenges einbauen

 

Kleine Wettbewerbe einbauen erhöht sicher die Motivation und weckt auch passive SchülerInnen aus ihrem Dämmerschlaf. Wir haben einen Text in mehrere Teile zerschnitten, dass jedes Kind einen Abschnitt in der Hand hielt. Die Zeit, welche sie zum zusammensetzen brauchten stoppten wir. Schon beim zweiten Versuch herrschte reges treiben und Ehrgeiz. Sie verbesserten sich von mal zu mal. Als wir diese Übung bei einem anderen Text versuchten ging alles wie geschmiert. Die SchülerInnen hatten sich schnell organisiert und waren darauf aus ihre eigen Bestzeit zu schlagen.

 

2.3 Den SchülerInnen die Möglichkeit geben, gebraucht zu werden

 

Genauso wie Erwachsene lieben es SchülerInnen gebraucht zu werden und Ämter und Aufgaben zu übernehmen. Jemand der besonders begabt ist sollte seine Fähigkeiten auch dementsprechend einsetzen können. Sei es ein Computerexperte, jemand der gut und gerne Plakate macht oder jemand ist der besonders gut in dem Fach ist.

Im Englischunterricht gab es einen sehr begabten und extrovertierten Schüler, welcher andauernd unterfordert war und Anerkennung suchte. Diesem Schüler bekam immer spezielle Aufgaben. Ein solches Beispiel dafür ist das zuordnen und layouten auf einem Plakat. Während die anderen SchülerInnen noch mit der Aufgabe beschäftigt waren, klebte und ordnete fleißig. Für ihn bestand der Mehrwert in einer Wiederholungsübung und für die anderen war eine fertige Merkhilfe für die bevorstehende Schularbeit eine große Hilfe.

 

Ich werde in verstärktem Ausmaß für Gelegenheiten sorgen, SchülerInnen aktiv in das Unterrichtsgeschehen einzubeziehen. Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig: Rollenspiele, etwas heraussuchen und mitbringen lassen (Show and Tell) 

Rollenspiele geben den extrovertierten ein Ventil und eine Bühne um das gelernte dazustellen und  an ihrer Aussprache zu arbeiten. Für alle anderen ist es eine gute und unterhaltsame Hilfe den Unterrichtsstoff zu verstehen. Da ich einige Zeit in New York lebte, habe ich auch einige Unterrichtsmethoden kennengelernt. Dort war “Show and Tell” ein wesentlicher Bestandteil des Sprachunterrichts. Die SchülerInnen brachten einen für sich wichtigen Gegenstand mit und erzählten darüber. Das hat einige Vorteile gegenüber einem vorgegebenen Referatsthema. Das Thema war für die SchülerInnen interessant und konnten frei darüber sprechen. Viele von den schwierigeren Vokabeln kannten sie bereits, da sie sich mit dem Thema schon intensiv auseinandergesetzt haben. Die SchülerInnen können einen Einblick in ihre Interessen oder Kultur gewähren. Ich fände das einen hervorragenden Zusatz für einen Sprachunterricht, da man über die verschiedenen Kulturen lernt und sich in der Klasse auch für die Pausen oder Freizeit Interessensgruppen bilden. Besonders wenn die LehrerInnen mitmachen müssen hebt das die Klassenstimmung und gewährt auch rare Einblicke in das Leben der PädagogInnen.

 

Schlussfolgerung:

Ständiges Reflektieren und Dokumentieren der gehaltenen Unterrichtsstunden, ist der Schlüssel zu meiner persönlichen Kompetenzerweiterung. Dadurch wurde mir die Wichtigkeit der Motivation und des Eingehens auf die Bedürfnisse der SchülerInnen bewusst. Im nächsten Semester werde ich noch stärkeres Augenmerk auf diese Bereiche legen, im Interesse der SchülerInnen und auch in meinem eigenen. Die stundenlange Vorbereitung von Unterrichsstunden soll sich schließlich lohnen! 

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